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Stimmzettel mit Erst- und Zweitstimme. © Stockfotos-MG – stock.adobe.com

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 wenden sich die Studierendenwerke in Deutschland an Bund und Länder. Denn: Das soziale Fundament des Hochschulsystems muss gestärkt werden. Das STWNO informiert über die politischen Forderungen.

Die 86. ordentliche Mitgliederversammlung des Deutschen Studierendenwerks (DSW) hat beschlossen:

Die 57 Studierendenwerke in Deutschland leisten einen zentralen Beitrag, damit bei 2,5 Millionen Studierenden das Studium unabhängig vom Geldbeutel der Eltern gelingt. In unseren rund 910 Mensen, Cafeterien und Bistros geben wir jeden Tag mittags in großen Mensen jeweils rund 8.000 Essen aus. Bei uns bekommen die Studierenden (und auch die Hochschulbeschäftigten) eine Mahlzeit, die gut schmeckt, gesund und klimabewusst ist - und das zu einem günstigen Preis.

In unseren Wohnheimen können mehr als 195.000 Studierende zu einer fairen Miete leben, die im Schnitt mit 305 Euro warm deutlich unterhalb der BAföG-Wohnkostenpauschale von 380 Euro liegt. Wir sind die sozialen Vermieter, die mit einer Fluktuation von mehr als 50 Prozent im Jahr umgehen können. Als gemeinnützig tätige Studierendenwerke haben wir keine Gewinnerzielungsabsicht und zahlen auch keine Dividende an Aktionäre, sondern setzen die eingenommenen Gelder wieder im Interesse der Studierenden ein.

In 15 Bundesländern sorgen wir dafür, dass Studierende aus ärmeren Elternhäusern ihr BAföG bekommen. Als Anwalt der Studierenden streiten wir für ein besseres BAföG, das mehr Studierende erreicht, regelmäßig an Preise und Einkommen angepasst wird, das einfacher und komplett digital ist. In der Corona-Pandemie haben wir in kürzester Zeit eine Überbrückungshilfe für Studierende organisiert, auf einer komplett digitalen Plattform, die auch funktioniert hat.

Wir bieten kostenlose psychologische und soziale Beratung an und unterstützen Studierende dabei, Herausforderungen ihrer Lebens- und Studiensituation zu bewältigen. Wir bieten Kinderbetreuung für studentische Eltern an. Die Internationalisierung der Hochschulen wird ohne unsere Wohnheime, ohne unsere Betreuung von internationalen Studierenden und unsere interkulturellen Angebote nicht möglich sein.

Das Soziale ist seit mehr als 100 Jahren unsere DNA. Nachhaltigkeit ist für uns eine Herzensangelegenheit. Wir wollen beides zusammenbringen: soziale Preise und nachhaltiges Handeln. Doch die energetische Sanierung unserer Mensen und Wohnheime ist bei weitem nicht ausfinanziert. Eine Vielzahl an bürokratischen Berichtspflichten bindet zu viele Ressourcen, die besser im Sinne der Studierenden und der Nachhaltigkeit eingesetzt werden können.

Wir sind das soziale Fundament des Hochschulsystems. Doch dieses Fundament droht zu bröckeln, wenn die Finanzierung von Bund und Ländern nicht mehr mit den steigenden Kosten Schritt hält.

Wenn Bund und Länder eine offene, soziale und nachhaltige Hochschule wollen, brauchen sie die Studierendenwerke. Die Studierenden, die von den rasant gestiegenen Preisen für Lebensmittel und Energie hart getroffen wurden, benötigen unsere Angebote. Wir brauchen für unsere Arbeit die Unterstützung von Bund, Ländern und Hochschulen.

Bei den Investitionen in die soziale Infrastruktur des Hochschulsystems darf keine Schuldenbremse im Weg stehen. Investitionen in die Studierendenwerke sind Investitionen in die junge Generation. Sie sichern das Recht der jungen Generation auf Bildung, und sie sichern die Fachkräfte, die unsere Gesellschaft so dringend braucht.

Das soziale Fundament des Hochschulsystems muss gestärkt werden. Mit Blick auf die Bundestagwahl im Jahr 2025 fordern wir:

Bezahlbaren Wohnraum schaffen, Wärmewende ermöglichen

Bezahlbares Wohnen wird insbesondere in den Hochschulstädten zur zentralen sozialen Frage. Studierende, die nicht bei ihren Eltern wohnen, müssen im Durchschnitt 54 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) Ende August 2024 mitteilte. Bei Auszubildenden sind es 42 Prozent. Zwei Drittel der Studierenden gelten laut Destatis als überbelastet, weil die Miete zu hoch für ihr Einkommen ist. Ein durchschnittliches WG-Zimmer auf dem freien Markt in Deutschland kostet 489 Euro, in einem Studierendenwohnheim der Studierendenwerke nur 305 Euro. Die Wohnkostenpauschale im BAföG liegt bei 380 Euro.

Seit 2007 ist die Zahl der öffentlich geförderten Studienplätze um 50 Prozent, die der öffentlich geförderten Wohnheimplätze nur um 7 Prozent gestiegen. Das Angebot für bezahlbaren Wohnraum zu verbessern lohnt sich, ist aber eine längerfristige Aufgabe.

Deshalb fordern wir vom Bund:

  • zusammen mit den Ländern das Programm Junges Wohnen dauerhaft zu verstetigen und auszubauen. Denn nur im Zusammenwirken von Bund und Ländern sowie nur mit einem echten Zuschuss von mindestens 50% der Investitionskosten pro Wohnplatz können die Studierendenwerke bezahlbare Wohnheimplätze dauerhaft bereitstellen, deren Miethöhe sich an der Wohnkostenpauschale des BAföG orientiert. Der Bund hat mit dem Programm Junges Wohnen 2023 die richtige Basis geschaffen. Es liegt nun an den Ländern, in der weiteren Umsetzung dem Programm bundesweit Kraft und Volumen zu geben.
  • Wärmewende ermöglichen. Der Bund muss gemeinnützig tätige Träger wie die Studierendenwerke mit einer erhöhten Förderung unterstützen. Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes wird die Nutzung von mindestens 65% erneuerbaren Energien spätestens ab dem Jahr 2028 für alle neuen Heizungen verbindlich. Die neue Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG-EM) soll den Heizungstausch finanziell unterstützen und ermöglichen. Damit die Studierendenwerke weiterhin ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht werden und den Studierenden bezahlbaren Wohnraum anbieten können, benötigen sie eine ausreichende, kumulierbare staatliche Förderung für den Heizungstausch. Denn vielfach ist er über die speziellen Landesförderungen nicht abgedeckt. Die Studierendenwerke arbeiten gemeinnützig und ohne Renditeorientierung. Aus Eigenmitteln können sie den Heizungsaustausch nicht leisten!
  • eine Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht, die praktikabel ist und insbesondere gemeinwohlorientierte öffentliche Träger wie die Studierendenwerke mit einer Zuschussförderung unterstützt, damit sie die Klimaziele überhaupt erreichen können. Die erhöhten Anforderungen der EU-Gebäuderichtlinie werden zu zusätzlichen Verschärfungen im Gebäudesektor führen, die nur durch weitere öffentliche Zuschussförderung umgesetzt werden können.
  • von den Ländern: die Möglichkeit, mit dem neuen „Gebäudetyp E“ einfach und kostengünstig zu bauen, gerade auch für die Studierendenwerke im Rahmen der jeweiligen Landesförderbedingungen zu öffnen. Denn je kostengünstiger die Studierendenwerke Wohnheime bauen können, desto günstiger sind die Mieten für die Studierenden.

Mensen und Cafeterien neu bauen, sanieren und modernisieren

Bund und Länder haben sich das Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren klimaneutral zu werden. Der klimaneutrale Campus der Zukunft kann hier ein Pilotprojekt sein. Die energetische Sanierung von Hochschulbauten sollte in einem Bund-Länder-Programm gefördert werden. Die Mensen und Cafeterien sind unbedingt mit zu berücksichtigen. Die Studierendenwerke mit ihren Mensen und Cafeterien sind bundesweit Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsgastronomie. Doch der bauliche Zustand ihrer 910 hochschulgastronomischen Einrichtungen ist vielfach extrem problematisch.

Wir fordern daher vom Bund in Zusammenarbeit mit den Ländern:

  • ein Bund-Länder-Programm für die Sanierung und den Bau von Mensen und Cafeterien: Mensen und Cafeterien sind mit einer eigenen Förderung explizit in ein Bund-Länder-Programm für den klimaneutralen Campus der Zukunft einzubeziehen. Der Investitionsbedarf für die Bundesseite liegt dafür bei bis zu vier Milliarden Euro für die energetische Sanierung der Mensen und Cafeterien in den kommenden vier Jahren.

Studienfinanzierung

Das BAföG ist das zentrale Instrument der staatlichen Studienfinanzierung, um Chancengleichheit beim Zugang zur Hochschule zu sichern. Doch noch immer ist es nicht existenzsichernd, und noch immer bekommen zu wenige Studierende BAföG. Rund ein Drittel der Studierenden lebt in finanziell prekären Verhältnissen. Wir haben bei der Studienfinanzierung kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Der Handlungsbedarf wurde im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien gut beschrieben. Trotz zweier Novellen – die durchaus positive Elemente enthielten – wurden zentrale Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag aber nicht umgesetzt.

Noch vor der kommenden Bundestagswahl muss die angekündigte direkte Auszahlung des Kindergelds an erwachsene Auszubildende in Lehre und Studium umgesetzt werden.

Wir fordern vom Bund:

  • Das BAföG reicht immer noch nicht zum Leben aus. Die Bedarfssätze sind deshalb in einem ersten Schritt sofort auf ein existenzsicherndes Minimum anzuheben, durch höhere Freibeträge sind auch Familien mit mittlerem Einkommen zu erreichen.
  • Renten, Bürgergeld und Wohngeld werden regelmäßig erhöht und automatisch an die jeweilige Entwicklung angepasst, nur das BAföG nicht. Das muss sich ändern. Das BAföG ist jährlich an die Entwicklung von Einkommen und Preisen anzupassen.
  • Digitalisierung des BAföG durch Bund und Länder gemeinsam. Die Digitalisierung ist nicht mit einem digitalen Antrag abgeschlossen, sondern erst, wenn der gesamte BAföG-Prozess bis zum E-Bescheid digitalisiert ist. Deshalb ist die Einführung einer länderübergreifend kompatiblen E-Akte und einer datenschutzkonformen Kommunikationsplattform notwendig, auf der die BAföG-Ämter digital und schnell mit den Antragstellenden kommunizieren können.
  • BAföG einfacher und verlässlicher machen: BAföG-Bewilligungszeitraum auf zwei bis drei Jahre verlängern, den Leistungsnachweis nach dem vierten Semester streichen.
  • Der Bund als BAföG-Gesetzgeber muss bei den ausführenden Bundesländern darauf drängen, dass eine auskömmliche Finanzierung der BAföG-Ämter gewährleistet ist. Sofern der Bund - wie bei der jüngsten BAföG-Novelle - neuen Verwaltungsaufwand generiert, muss er sich an der Ausfinanzierung der BAföG-Ämter beteiligen.
  • sozialverträgliche Preisobergrenze für das Semesterticket: Die Preisgrenze für das Deutschland-Ticket für Studierende muss pro Monat bei 29,40 Euro bleiben. Sie sollte von der Preisentwicklung des Deutschlandtickets entkoppelt werden.

Beratung

Auch nach dem offiziellen Ende der Pandemie verzeichnen die psychologischen Beratungsstellen der Studierendenwerke eine stark erhöhte Nachfrage. Viele Studierende kämpfen noch immer mit den Nachwirkungen der Pandemie, zusätzlich belastet durch die anhaltenden Krisen wie Inflation, Energiekrise und globale Konflikte. Die Studierendenwerke bieten hier niedrigschwellige psychologische Beratung an, um möglichst frühzeitig zu intervenieren und der Entstehung von manifesten Krisen und chronischen Krankheiten vorzubeugen. Mit dieser frühzeitigen Intervention tragen die Studierendenwerke mittelbar auch zur Entlastung des Gesundheitssystems bei.

Die stark gestiegenen Wartezeiten in vielen Beratungsstellen zeigen deutlich, dass der Bedarf an Unterstützung nach wie vor ungebremst ist. Gleichzeitig endet an vielen Orten die Finanzierung der während der Corona-Pandemie eingerichteten Sonderprogramme, was den Druck auf die ohnehin überlasteten Beratungsstellen noch weiter erhöht.

Es ist daher unerlässlich, die psychosozialen und sozialen Beratungsangebote der Studierendenwerke langfristig auszubauen und deren Finanzierung aus staatlichen Zuschüssen nachhaltig zu sichern. Ein kurzfristiger Ausbau reicht nicht aus, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden.

Wir fordern daher vom Bund in Zusammenarbeit mit den Ländern:

  • die personellen Kapazitäten der psychosozialen und sozialen Beratungsstellen der Studierendenwerke umgehend zu erweitern, mit einer Finanzierung von mindestens zehn Millionen Euro über die nächsten vier Jahre.
  • Darüber hinaus muss die Finanzierung dauerhaft gesichert werden, um eine kontinuierliche und flächendeckende Unterstützung für alle Studierenden zu gewährleisten.

Kita

Viele Kitas leiden unter einem dramatischen Fachkräftemangel. Das zeigt der aktuelle Kita-Bericht des Paritätischen Gesamtverbands. Demnach fehlen durchschnittlich in jeder Kita mehr als zwei Fachkräfte, häufig sind es sogar mehr. Das entspricht aktuell 125.000 fehlenden Fachkräften im gesamten Bereich der Kindertagesbetreuung.

Wir fordern daher vom Bund in Zusammenarbeit mit den Ländern:

  • geeignete Förderprogramme aufzulegen, die dem Fachkräftemangel in Kitas wirksam und nachhaltig entgegenwirken.

Bürokratieabbau

Die gesetzlichen Anforderungen an die Studierendenwerke als Landesanstalten des öffentlichen Rechts steigen immer weiter. Dieses betrifft insbesondere Melde-, Berichts- und Dokumentationspflichten im Steuer-, Bilanz- und Energierecht sowie beim Daten- und Hinweisgeberschutz. Kleinere Korrekturen des Bundesgesetzgebers in dem für 2024 geplanten Bürokratieentlastungsgesetz, das Erleichterungen bei den Aufbewahrungsfristen und Schriftformerfordernissen vorsieht, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ihnen stehen umfangreiche neue Berichtspflichten wie u.a. die Sorgfaltspflichten bei der Beschaffung nach der EU-Entwaldungsverordnung, Meldepflichten im Steuerrecht, Kennzeichnungspflichten in der Hochschulgastronomie sowie die notwendige Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen gegenüber. Um diese Aufgaben zu erfüllen, brauchen die Studierendenwerke zusätzliches Personal mit besonderer Fachkunde bzw. die Einbindung externer Fachleute für Prüfungsleistungen.

Wir fordern daher:

  • vom Bund und der Europäischen Union, dass sie weitere geplante bürokratische Auflagen kritisch überprüfen und endlich effektive Bürokratieentlastungsschritte insbesondere auch für öffentliche Unternehmen umsetzen.
  • die Länder auf, dass sie die Studierendenwerke für eine ordnungsgemäße Erfüllung neuer gesetzlicher Anforderungen/Berichts-, Dokumentations-, Sorgfalts-, Umsetzungspflichten mit entsprechend ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln ausstatten. Die Länder müssen ihre Möglichkeiten zum Bürokratieabbau ausschöpfen.