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Interventionen II: The Book is Present

Die Omnipräsenz der elektronischen Medien im öffentlichen Diskurs überdeckt zu Unrecht die bleibende Rolle der Materialität des Buches. Dies mag auch an der Zurückhaltung der Bibliotheken liegen: Bibliotheksbücher stehen oft reserviert im Regal oder versteckt im Magazin – sie sind Exemplare der Allgemeinheit, die durch Benutzungsregeln von jeglichen Bearbeitungen, Markierungen und Anstreichungen frei gehalten werden sollen.

Die Künstlerin Marina Abramović hat sich in ihrer langen Karriere vielfach ihrem Publikum ausgesetzt – als Person, als Körper, als Kunstwerk. In ihrer Performance „The Artist Is Present“ nahm sie 2010 im New Yorker MoMA 90 Tage lang auf einem Stuhl Platz und sah denjenigen in die Augen, die sich auf den Stuhl gegenüber setzten, sechs Tage pro Woche, sieben Stunden pro Tag.

Die Ausstellung The Book is Present setzt Bücher ihren Leserinnen und Lesern aus, die mit ihnen machen können, was sie wollen – von Anstreichungen, Illustrierungen und Kommentaren bis hin zur physischen Veränderung. Gleichzeitig setzt sie die Leserinnen und Leser den Büchern aus, an Orten, wo normalerweise keine Bücher sind. Die wechselseitige Aussetzung konterkariert das klassische Format der Ausstellung. Die Bücher werden so von massenproduzierten Objekten zu angreifbaren, schützenswerten Individuen. Sie werden nach der Aktion dauerhaft in der Bibliothek archiviert.

Die Philosophin Prof. Dr. Elif Özmen hat Bücher ausgesucht, die die Leserinnen und Leser direkt als Menschen in seiner ureigensten Verletzlichkeit und Verantwortung ansprechen und sein Verhältnis zu anderen Menschen hinterfragen. So entsteht ein geistiger und physischer Dialog zwischen Menschen und Büchern – der Mensch wie Buch nicht so lässt, wie sie vorher waren.